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Rote Insel

Leben zwischen den Gleisen

Rote Insel

Schöneberg ist ein Stadtteil ausgeprägter Gegensätze. Es gibt das noble Bayerische Viertel, den gemütlichen, stylishen Akazienkiez. Und die Rote Insel – das von Gleisen umschlossene Viertel der früheren überwiegend „rot“ gesinnten Arbeiterklasse.

Insel-Lage und -Bebauung

Die S-Bahnhöfe Schöneberg, Südkreuz und Yorckstraße markieren die Eckpunkte der Insel. Nach letzterer sind im Abstand von etwa 300 Metern gleich zwei Bahnhöfe benannt.

Die Bebauung des Viertels besteht überwiegend aus typischen Berliner Altbauten, zwischen denen enge Straßen entlangführen. Läuft man hindurch, fühlt man sich fast winzig ob der alles überragenden Architektur. Grün- und Freiflächen gibt es kaum. Die wenigen sind an den Rändern neben den Bahngleisen zu finden, etwa der Annedore-Leber-Park an der Torgauer Straße oder ein Teil des Nord-Süd-Grünzuges unterhalb der Monumentenbrücke.

Im früheren „eigentlichen“ Kiez unterhalb der Kolonnenstraße thront zwischen den S-Bahnhöfen Julius-Leber-Brücke und Schöneberg der eindrucksvolle Gasometer.

Im nördlichen Teil des Kiezes zwischen Großgörschen- und Monumentenstraße liegt der Alte St.-Matthäus-Kirchhof. Hier können die letzten Ruhestätten der Gebrüder Jakob und Wilhelm Grimm sowie die Gräber von Rudolf Virchow und Rio Reiser besucht werden. Ein Gedenkstein erinnert auch an die Beteiligten des Attentats vom 20. Juli 1944.

Insel-Persönlichkeiten

Der SPD-Politiker und Widerstandskämpfer Julius Leber war an diesem Attentat nicht direkt beteiligt. Er wurde bereits zwei Wochen vorher von der Gestapo verhaftet. Als erklärter Gegner des NS-Regimes war er ab 1937 aktiver Teil des Berliner Widerstands. Die Arbeit in einer Kohlenhandlung an der Torgauer Straße (heute Leber-Gedenkstätte) diente ihm dabei als Tarnung.
Leber wurde vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und im Januar 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Nach ihm sind die Julius-Leber-Brücke und die Leberstraße benannt.

In eben jener Straße, Hausnummer 65 (damals Sedanstraße 53), wurde 1901 die spätere Hollywood-Schönheit Marlene Dietrich geboren. Eine angebrachte Gedenktafel erinnert an die bekannte „Insel-Tochter“. Ihr weithin sichtbares Konterfei ziert ein paar Meter weiter auch ein Hochhaus.

In der Leberstraße 33 (früher Sedanstraße 69) verbrachte die Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef (1925–2002) einen Großteil ihrer Kindheit bei den Großeltern. Nach ihr ist der südliche Vorplatz des nahegelegenen Bahnhofs Südkreuz benannt.

Und warum „rot“?

Wie die Insel zu ihrem Namenszusatz gelangte, gehört zu den urbanen Mythen Berlins: Im Jahre 1878 hängte ein Bierbraumeister in der Sedanstraße (heutige Leberstraße) eine rote Fahne aus seinem Fenster – zu einer Zeit, als die SPD verboten war. In der restlichen Stadt wurden in Erwartung des Kaisers Wilhelm I., der von einer langen Kur zurückkehrte, schwarz-weiß-rote Fahnen gehisst. Der Bierbrauer wurde ins Exil gedrängt und das damals als „Sedanviertel“ bezeichnete Gebiet hieß von da an „Rote Insel“.

Auf der Insel – als Wohnraum der „kleinen Leute“ – erzielte die SPD nach der Aufhebung ihres Verbots (1890) enorm hohe Stimmanteile. Auch während der Zeit der Weimarer Republik wurden überwiegend die „roten“ Parteien gewählt. Inzwischen dominieren Die Grünen, die SPD erhält meist nur noch rund 20 Prozent der Wählerstimmen.

Insel-Lädchen

Auf der Roten Insel wird vor allem gewohnt, Gewerbe ist wenig vorhanden. Trotzdem gibt es ein paar „Schmuckstücke“ für besondere Ansprüche. Hier eine kleine Auswahl:

  • „Mehlstübchen“: kleine Mehl-Manufaktur für professionelle und Hobby-Bäcker (Leberstraße 28)
  • „Grohnsche Buchhandlung“: feine, kleine Buchhandlung für Urlaubslektüre und mehr (Kolonnenstraße 52)
  • „Bio-Insel“ und „Inselgarten“: Bioladen und Urban Gardening für einen interkulturellen Kiez (Leberstraße 2 und Cheruskerstraße direkt dahinter)
  • „Naschpirat Fruchtgummischätze“: kreative Fruchtgummi-Variationen für Leckermäuler (Bautzener Straße 14)

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